Von einem Maiwochenende hatten die Mitglieder der Max Ernst Gesellschaft eigentlich freundliches Wetter erwartet, zum mindesten in Brüssel, wo sie zwei Tage lang Werken begegnen wollten, die zur Zeit von Max Ernst der europäischen Kunst wesentliche Impulse gaben.
Zunächst stand Brüssel als Stadt des Jugenstils auf dem Programm. Wirtschaftlicher Aufschwung und erfindungsreiche Architekten hatten um die Wende vom 19. zum 20. Jhd. die belgische Hauptstadt zu einem der wichtigsten europäischen Zentren dieser Stilrichtung werden lassen, die die neuen Möglichkeiten der Stahl-, Glas- und Holzverarbeitung in bewußter Abkehr von den historisierenden Stilrichtungen des 19. Jahrhunderts kühn nutzten. Auf diese Weise entstanden in der expandierenden Hauptstadt des noch jungen belgischen Königreiches zahlreiche Häuser im Art Déco-Stil, aber auch die Innenausstattung (Möbel, Porzellan), sowie Plakate, auch Schmuck wurden durch den neuen Stilwillen geformt. Jugendstil war Alltag geworden, verbrauchte sich sozusagen und wurde durch neue Stilrichtungen verdrängt, z.T. auch im Krieg beschädigt. Erst spät besann man sich im 20. Jhd. und versuchte, das noch Vorhandene zu retten. Da es sich in der Regel um bewohnte Häuser handelt, konnten bei der Führung mit wenigen Ausnahmen nur Außenbesichtigungen stattfinden. Diese waren indessen trotz des unfreundlichen Wetters höchst interessant.
Die Musées Royaux de l´Art bergen so zahlreiche Schätze, dass eine Beschränkung auf einzelne Gebiete erforderlich ist. Daher sah das von den beiden Vorsitzenden der Gesellschaft erarbeitete Programm für die erst Hälfte des folgenden Tages einen privaten Gang durch individuell bevorzugte Bereiche vor und bot für die zweite Tageshälfte kunsthistorische Führungen durch die Surrealismusabteilung an, die vor allem Werke des Belgiers Paul Magritte enthält.
Das kompakte Programm forderte die Teilnehmer sehr und regte an zu weiteren Fahrten in die belgische Hauptstadt.